Vergebung verändert Beziehung

Zur Goldenen Hochzeit besuchen der Bürgermeister und der Redakteur der Lokalzeitung das Jubelpaar. Nach einer schönen Ansprache fragt der Redakteur: „Herr Huber, Sie sind jetzt mit Ihrer Frau 50 Jahre verheiratet. Was reizt Sie heute noch an Ihrer Frau“?

Huber: „Jedes Wort!“.

 In Beziehungen leben bedeutet Standpunkte auszutauschen, aneinander zu reiben und sich natürlich auch zu streiten. Wo gestritten wird, geht es nicht ohne Verletzungen ab. Wichtig ist, wie wir mit unseren unterschiedlichen Standpunkten und Meinungen umgehen, um unnötige Verletzungen zu vermeiden. Streit kann dazu führen, dass wir gemeinsam gute Lösungen finden und füreinander ein tieferes Verständnis entwickeln. Andererseits kann es passieren, dass wir uns gegenseitig das Leben schwer machen und unsere Machtansprüche durchsetzen wollen. Jeder hat da seine speziellen Vorgangsweisen. Die einen machen das mit ganz subtilen Methoden, die wie feine Nadelstiche wirken und andere arbeiten eher mit groben Werkzeugen. Manche streiten ganz leise und andere liefern sich Schreiduelle, je nach Persönlichkeit.

Wenn unsere Seele verletzt wird, geraten wir in Stress und sind nicht mehr in der Lage, sachlich und mit Einfühlungsvermögen auf den anderen einzugehen. Unter Stress neigen wir dazu, auf Verletzungen mit größeren Gegenschlägen zu reagieren, um den anderen stärker zu verletzen als man selber verletzt wurde.

In solchen Situationen werden wir angelernte positive Kommunikationsregeln, nicht einsetzen können.

Kein Sportler würde auf die Idee kommen, in einem wichtigen Bewerb eine neue Technik auszuprobieren, die er nicht vorher perfekt eintrainiert und verinnerlicht hat.

Nach einem Streit ist es daher wichtig, gemeinsam über unsere Wahrnehmungen zu reflektieren.

  • Was hat den Streit ausgelöst?
  • Wie habe ich mich dabei gefühlt?
  • Wodurch habe ich mich verletzt gefühlt?
  • Wie habe ich auf diese Verletzung reagiert?
  • Was kann ich dazu beitragen, damit sich diese Situation nicht wiederholt?

Durch dieses Aufarbeiten von Konflikten lerne ich ein Stück mehr von meinem Partner kennen und kann ihn besser verstehen.

Unbereinigte Verletzungen sind Stolpersteine für die Beziehung

Auf der körperlichen Ebene verstehen wir sehr gut, dass Verletzungen zuerst ausgeheilt werden müssen, damit die verletzten Körperteile wieder voll einsatzfähig sind. Bei den seelischen Verletzungen ist das vielen Menschen nicht bewusst. Doch gerade eine verletzte Seele braucht Pflege und Heilung. Geschieht das nicht, werden alte Wunden beim nächsten Anlass wieder aufbrechen. Das ist manchmal auch der Grund, weshalb nichtige Anlässe manchmal schlagartig eskalieren.

Vielen Paaren ist das nicht bewusst und sie reiben sich an alten Wunden gegenseitig auf. Viele Paare wollen lange Zeit nicht wahrhaben, dass sie Hilfe brauchen und meinen, sie schaffen es alleine. Häufig kommen sie dann zu einem Punkt, wo die Trennung die einzige für sie sinnvolle Perspektive erscheint.

Auch wenn die Trennung auf den ersten Blick als eine gute Entscheidung erscheint, so bringt sie doch in vielen Fällen eine Flut von neuen Problemen und Verletzungen mit sich. Kinder leiden immer massiv unter einer Trennung und werden häufig zum Spielball im Rosenkrieg. Die Erfahrung zeigt, dass selbst wenn die Kinder erwachsen sind und eigene Familien haben, bei vielen Paaren dieser Krieg nicht zu Ende ist.

Erneuerung der Beziehung ist möglich

In der Bibel finden wir eine herausfordernde Aussage an Streitparteien:

Ertragt euch gegenseitig und vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat. Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!“ (Die Bibel, Brief von Paulus an die Kolosser)

Jesus hat uns den Schlüssel zu einer völligen Erneuerung unserer Beziehung gegeben

„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir denen vergeben haben, die an uns schuldig wurden.“ (Die Bibel, Evangelium des Matthäus Kapitel 6, Vers12)

Wie sind diese Aussagen für mich, wenn ich der Betroffene bin und mich mein Partner tief verletzt hat? Bin ich dann wirklich bereit zu vergeben? Kann ich in dieser Situation mit ganzem Herzen beten: …und vergib mir meine Schuld, denn auch ich vergebe denen, die an mir schuldig geworden sind? – Oder will ich mich zuerst revanchieren, weil ich Unrecht erfahren habe?

In der Partnerschaft ist es notwendig, Verletzungen in Liebe anzusprechen. Erlittenes Unrecht und Fehlverhalten um des lieben Friedens willen zu erdulden, schadet der Beziehung. Eine Aussprache mit einem klaren: „Bitte vergib mir, ich hab dir Unrecht getan“ und einem: „Ich vergebe dir“, gibt der Liebe eine neue Chance.

Vergebung bedeutet nicht, dass alles erledigt und vergessen ist. Bin ich an meinem Partner schuldig geworden und habe seine Gefühle verletzt, dann brauchen wir noch zwei Dinge:

  • Zeit zum Heilen der Wunden
  • Wiedergutmachung, damit das Vertrauen wieder wachsen kann.

 

Helmut  Malzner, Diplom Lebens- und Sozialberater, www.coachingteam.info

Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Ehe und Familien Bausteine Nr. 105 Sie können diese Zeitschrift kostenlos als pdf-Datei bekommen, wenn Sie sich beim Newsletter anmelden.

 

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