Vertrauen und Dankbarkeit

Seid dankbar in allen Dingen, schreibt der Apostel Paulus an die Menschen in Thessalonich*, denn das ist Gottes Wille für euch! In Gedanken höre ich schon das unwillige Gemurmel von Menschen, denen dieser Appell von Paulus schwer auf der Seele liegt. Mit Appellen tun sich viele Menschen ohnedies schwer. Das ist gegen ihre Intention, selbstbestimmt zu leben. Wofür soll es gut sein, in allen Situationen zu danken? Für einen herrlichen Kaffee, der gerade meinen Gaumen begeistert oder einen Song, der mein Herz berührt, kann ich ebenso dankbar sein, wie für einen schönen Sonnenaufgang, die leuchtende Blumenwiese oder das freundliche Lächeln eines Mitmenschen.

Dankbar trotz Schwierigkeiten

Kann ich auch dankbar sein für die Situation in der ich stehe, wenn ich ratlos bin und nicht weiß, wie es weitergehen soll? Warum soll ich dankbar sein für einen Arbeitsplatz an dem ich mich nicht wohlfühle, für meine Arbeitslosigkeit oder für eine familiäre Situation mit der ich nicht zu recht komme. Klingt es nicht wie ein Hohn, dankbar zu sein, wenn ich die Diagnose einer schlimmen Krankheit erhalte. Wäre das nicht Heuchelei und ein Verdrängen der Realität? Hätte ich nicht vielmehr Grund zum Klagen und frustriert zu sein?

Die Denkweise des „Wenn-dann“ bringt uns unweigerlich in Schwierigkeiten. Wenn mir Gutes widerfährt, bin ich dankbar und wenn ich in Schwierigkeiten komme, bin ich frustriert und ohne Grund zum Danken. Weiterlesen

Was Beziehungen stark macht

Eine glückliche Familie zu haben gehört zu den wichtigsten Wünschen vieler Menschen. Für die meisten davon zählen Werte wie gegenseitiger Respekt, Liebe, Zärtlichkeit und Treue zu den Hauptmerkmalen, damit eine Partnerschaft auf Dauer gelingen kann. Gerade an diesen Themen scheitern viele Beziehungen. Ganz wesentlich gehört dazu auch die Entwicklung eines staqilen „WIR-Gefühls“. Bei Befragungen von Geschiedenen finden sich unter den Hauptgründen, die zur Scheidung geführt haben große Defizite in der Gesprächskultur, Egoismus, mangelnde Ehrlichkeit und Treue.

Der Psychologe John Gottman* stellte fest, wie schnell sich die Abwärtsspirale zu drehen beginnt, wenn negative Gesprächsmuster die Kommunikation dominieren. Meist beginnt es mit verallgemeinernden negativen Bemerkungen, destruktiver Kritik, verächtlichen Aussagen und Schuldzuweisungen. Darauf folgen unweigerlich Verteidigung und Gegenangriff. Diese Spirale dreht sich solange, bis einer der Gesprächspartner überfordert ist und den Rückzug antritt. Oft wird der Partner einfach stehen gelassen, und sein Angriff läuft ins Leere. Jedesmal wenn ein Streit in dieser Weise abläuft, bekommt das Fundament dieser Beziehung ein paar Risse, bis es schließlich auseinanderfällt.

Sieben Ziele, damit Beziehungen krisenfest werden:

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Vom Frosch zum Prinz

Märchen halten uns manchmal einen Spiegel vor, der uns zeigen soll, wie wir leben. In Sachen Liebe gehen bei vielen Menschen beim Anblick eines Frosches die Gedanken zu den Gebrüder Grimm. Jeder darf sich dabei selber in seiner Rolle entdecken.

Auf den Tischen beim Frauenfrühstück war als Deko je ein Froschpärchen. Beide trugen Kronen auf dem Kopf, hatten aber keinen Blickkontakt, weil sie einander den Rücken zuwandten. Man gab mir nach dem Vortrag solch ein Paar mit nach Hause. Und während ich es betrachte, frage ich mich: Verhalte ich mich manchmal nicht auch wie ein Frosch, drehe dem anderen den Rücken zu, fühle mich besser als er, habe noch nicht entdeckt, dass sich im anderen ein König verbirgt?

Ich las das Märchen der Gebrüder Grimm. Da fällt der Königstochter ihre goldene Kugel in den Brunnen. Ein Frosch bietet ihr an, die Kugel aus der Tiefe zu holen mit der Bedingung, danach in ihrer Gesellschaft bleiben zu dürfen. Die Königstochter sagt zu und bekommt die Kugel zurück. Den Frosch aber will sie nicht belohnen. Ihr Vater, der König, erinnert sie an ihr Versprechen. Die Tochter muss fortan mit dem Frosch leben. Als dieser auch noch beansprucht, mit ihr im selben Bett zu schlafen, rastet sie endgültig aus und wirft den Frosch an die Wand. Zu ihrem Erstaunen verwandelt er sich in einen Prinzen. Und nun erzählt er von dem bösen Zauber, der ihn zum Frosch gemacht hat.

Was bedeutet dieses Märchen für meine Ehe? Man möchte die goldene Kugel, aber die damit verbundenen Unannehmlichkeiten will man nicht. Sich selbst findet man in Ordnung, den anderen versteht man nicht in seinen Eigenheiten und Bedürfnissen. Weiterlesen

Prägungen – Erfahrungen

Prägungen begleiten uns ein Leben lang. Ich bin mit vier Mitfahrern ins nächste Stadtzentrum unterwegs und merke, dass ich heute sehr nervös beim Fahren bin. Das kenne ich von mir sonst gar nicht, immerhin bin ich mehr als 40 Jahre unfallfrei unterwegs. Beinahe hätte ich eine Nachrangtafel übersehen. Und wie soll ich hier bloß einparken? Ich habe den Eindruck, alle Augen meiner Beifahrer sind erwartungsvoll auf mich gerichtet.

Als ich am Abend nach erfolgreicher Fahrt wieder zu Hause bin, falle ich todmüde ins Bett. Ich frage mich: Was hat mich heute so geschafft, dass ich fahre wie ein Führerscheinneuling? Stichwort Neuling. Da liegt der Angelpunkt. Ich sehe mich wieder zusammen mit meinem Vater beim Üben. Jede falsche Aktion endet in Schreierei. „Wie stellst du dich denn an?“ „Das wird so nichts“. „Abbiegen, abbiiiiiegen hab ich gesagt!“ „Siehst du nicht, dass dort  schon GRÜN ist?“ Zweimal bin ich vor dem Erreichen der heimatlichen Garage ausgestiegen und zu Fuß heimgegangen.

Jahre später mache ich eine Ausbildung zur Maltherapeutin. Zufällig verteilte Fotofragmente sollen einmal in einem spontan gestalteten Bild verarbeitet werden. Ein Foto enthält Zweige: Ja, ich wachse – das wird ein guter Bildteil. Ein anderes Fragment zeigt quadratische Muster. Noch besser: Das können die Fenster meines Ateliers sein, wo ich mich am wohlsten fühle. Und dann gibt es da noch einen Raubvogel – im Profil – ziemlich scharf beobachtend. Den klebe ich an den Rand. Und auf einmal erkenne ich es deutlich: Er, der Kritiker, beobachtet mich. Immer. Das ist in einem Bild genauso unangenehm wie in der Realität. Bildlich lässt sich das leicht lösen: ich male einfach etwas zwischen den kritischen Vogelblick und dem Fenster meines Ateliers. Was kann ich aber im Alltag tun? Denn eines bewirkt Kritik ja meistens: Sie behindert. Nicht nur bei alltäglichen Handlungen, auch beim Denken. Da sehe ich mich in der ungeliebten Lateinstunde. „Na schaun wir mal, ob dir heute ausnahmsweise die Vokabel einfallen.“ Flugs, weg sind sie. Weiterlesen