Vertrauen und Dankbarkeit

Seid dankbar in allen Dingen, schreibt der Apostel Paulus an die Menschen in Thessalonich*, denn das ist Gottes Wille für euch! In Gedanken höre ich schon das unwillige Gemurmel von Menschen, denen dieser Appell von Paulus schwer auf der Seele liegt. Mit Appellen tun sich viele Menschen ohnedies schwer. Das ist gegen ihre Intention, selbstbestimmt zu leben. Wofür soll es gut sein, in allen Situationen zu danken? Für einen herrlichen Kaffee, der gerade meinen Gaumen begeistert oder einen Song, der mein Herz berührt, kann ich ebenso dankbar sein, wie für einen schönen Sonnenaufgang, die leuchtende Blumenwiese oder das freundliche Lächeln eines Mitmenschen.

Dankbar trotz Schwierigkeiten

Kann ich auch dankbar sein für die Situation in der ich stehe, wenn ich ratlos bin und nicht weiß, wie es weitergehen soll? Warum soll ich dankbar sein für einen Arbeitsplatz an dem ich mich nicht wohlfühle, für meine Arbeitslosigkeit oder für eine familiäre Situation mit der ich nicht zu recht komme. Klingt es nicht wie ein Hohn, dankbar zu sein, wenn ich die Diagnose einer schlimmen Krankheit erhalte. Wäre das nicht Heuchelei und ein Verdrängen der Realität? Hätte ich nicht vielmehr Grund zum Klagen und frustriert zu sein?

Die Denkweise des „Wenn-dann“ bringt uns unweigerlich in Schwierigkeiten. Wenn mir Gutes widerfährt, bin ich dankbar und wenn ich in Schwierigkeiten komme, bin ich frustriert und ohne Grund zum Danken.

Der „Logik-check“ macht es deutlich. Wird die Situation positiv verändert, wenn ich jammere und klage? Genauso wenig, wie durch danken. Allerdings bekomme ich durch Dankbarkeit einen neuen Blick für die Dinge, während die Klage mein Herz noch enger werden lässt. Danken verändert mein Denken und mein Wahrnehmungsvermögen. Das führt zu Gelassenheit und macht meinen Kopf frei für neue Lösungsmöglichkeiten.

Jeden Tag gibt es viele Situationen, in denen ich mich statt zu klagen für Dankbarkeit entscheiden kann. Dankbar sein, wenn das Auto eine Delle hat und mir selber nichts passiert ist. Dankbar sein, wenn das Kind später als geplant nach Hause kommt, weil es bloß den Bus versäumte und sonst gesund und fröhlich ist. Es gibt keine missliche Situation, in der nicht etwas dabei ist, für das ich dankbar sein kann.

Stellt sich ein Gefühl der Dankbarkeit ein, ist es wichtig, sich zu fragen: Was führt zu diesem Gefühl? Wem kann ich dankbar sein? Meines Erachtens ist es ganz wesentlich, meiner Dankbarkeit ein konkretes Ziel zu geben und das auch wertschätzend ausdrücken. Jede Beziehung wird davon profitieren. Dankbarkeit ohne Ziel bleibt bei mir alleine und vergeht. In einer Studie (Experiment in gratitude) zu Glück in Zusammenhang mit Dankbarkeit wurden Menschen gebeten einen kurzen Dankestext an eine Person zu formulieren, von der sie Hilfe erfahren haben. Diesen Text sollten sie dann am Telefon diesen Personen vorlesen. Das Ergebnis war ein großes Glücksgefühle und starke Verbundenheit, die sich vor allem bei den Teilnehmern einstellte.

Wem soll ich danken

Wem soll ich dankbar sein, wenn ich mir selber den guten Kaffee gemacht hatte? Das Nachdenken darüber wird mich an Menschen erinnern, die den Kaffee ernteten, mit Sorgfalt rösteten und mit anderen Sorten mischten, damit mir beim Trinken wohl ums Herz wird. Ja, und damit all das möglich war, musste die Kaffeestaude wachsen und reifen.

Wenn wir den Aussagen der Bibel Glauben schenken, dann erfahren wir, dass hinter allem, was wächst und gedeiht, ein genialer Schöpfer steht, der jeden Tag unseres Lebens kennt. Ihn kennen zu lernen schafft Glück. In der oben genannten Studie wurde ein Test entwickelt um festzustellen, wie glücklich sich Menschen fühlen. Eine Frau, die alle Testergebnisse bei weitem übertraf wurde über die Ursache ihres Glücksempfindens befragt. Sie meinte, dass sie an jedem Tag nach dem Aufwachen beginnt, Gott für alle Dinge zu danken, die er gibt und ihn bittet, ihr zu zeigen, wem sie an diesem Tage helfen könne. So wird jeder Tag ein wunderbarer Tag.

Gott kennt nicht nur unsere guten Tage. Er kennt auch unsere Sorgen und Ängste. Jeder Tag unseres Lebens und jede Lebenssituation ist ein Mosaik aus vielen einzelnen Komponenten, die wir erst wahrnehmen können, wenn wir beginnen, dankbar zu sein. Vielleicht ist es nicht gerade die Diagnose, welche uns zum Danken anregt. Zu wissen, dass der Schöpfer darum weiß und ich mich ihm in meiner Angst und Ungewissheit ob ich wieder gesund werde, anvertrauen darf, schafft Ressourcen für einen Blick darüber hinaus. Und da entdecke ich vielleicht, wie sich Menschen um mich kümmern, für die ich dankbar sein kann.

Die Bibel ist kein psychologisches Beratungsbuch. Sie beschreibt jedoch in vielen Bereichen, wie Beziehungen gelingen können, die Beziehung zu mir selber, zu meinen Mitmenschen und allem voran die Beziehung zum Schöpfer selber. Die Grundlage einer wachsenden Beziehung ist Vertrauen. Jesus hat gesagt: „Wer mir vertraut dem gebe ich ein erfülltes Leben“. Dieses Wissen gibt mir die Sicherheit, dass er sich um mich sorgt – unabhängig davon in welchen Lebensumständen ich gerade bin. So kann jeder Tag ein guter Tag werden, für den ich danken kann.

*Die Bibel, erster Brief an die Thessalonicher, Kapitel 5, Vers 18

Helmut Malzner, Diplom Lebens- und Sozialberater, Supervisor, www.coachingteam.info

Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Ehe und Familien Bausteine Nr. 104. Sie können diese Zeitschrift kostenlos als pdf-Datei bekommen, wenn Sie sich beim Newsletter anmelden.

 

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