Kinder brauchen Liebe

Kinder brauchen Liebe. Doch jedes Jahr lassen sich in Österreich mehr als 16.000 Paare, von denen viele Kinder haben, scheiden. Durch diese Trennungen sind ca. 18.000 Kinder pro Jahr betroffen. Die meisten davon sind minderjährig, da viele Ehen innerhalb von 10 Jahren geschieden werden. Vielen dieser Kinder wird durch die Konflikte in dieser Zeit ein schwerer Rucksack mit auf ihren Lebensweg gegeben.

Für Kinder bedeutet eine Trennung der Eltern eine besonders hohe Belastung. Sie werden innerlich zerrissen und viele fühlen sich innerlich schuldig für die Situation. Manche leiden viele Jahre an den Folgen. Besonders schlimm kann es für Kinder sein, wenn sie von den Eltern im Kampf gegen den/die Ex-PartnerIn benützt werden. Langzeitfolgen, die auftreten können sind z.B. Probleme im Umgang mit Aggressionen, Leistungsverweigerung, geringer Selbstwert, Probleme in Partnerschaften und depressive Verstimmungen.

Das heißt nicht automatisch, dass Kinder aus intakten Familien einen besseren Start ins Leben haben. Eltern die sich trennen, lieben ihre Kinder ja deswegen nicht weniger und jede Beziehung durchlebt im Lauf der Zeit verschiedene Krisen, die massive Ängste in Kindern auslösen können, auch wenn sich die Eltern nicht trennen.

Unsere Kinder erleben jeden Tag, wie wir mit Konflikten umgehen, was uns Werte tatsächlich bedeuten, die wir ihnen nahebringen wollen und wie wir selber mit Wahrheit umgehen. Oft genug zeigt sich im Fehlverhalten der Kinder nur das Spiegelbild unseres eigenen Verhaltens oder ist ein Signal dafür, dass sie irritiert sind und ihre Bedürfnisse nicht wahrgenommen werden.

Als Eltern dürfen wir uns immer wieder einmal fragen, wie uns Kinder im Alltag wahrnehmen. Viele Menschen verändern ihr Verhalten, sobald sie in ein Auto steigen. Studien haben gezeigt, dass sogar der Autotyp das Verhalten unterschiedlich beeinflussen kann. Manche werden da zum Krieger und Superhelden und auf einmal ist jeder andere Fahrer ein potentieller Todfeind, der keine Ahnung vom Autofahren hat. Hinter dem Schutz von Blech und 150 PS kommen bei manchen ein Verhalten und eine Sprache zutage, die alles andere als Wertschätzung vermittelt. Diese Sprache der Abwertung wird auch dann gegenüber den Kindern durchkommen, wenn die Eltern unter Stress stehen.

Wieviel Liebe braucht mein Kind?

Der Mensch ist im Vergleich zu Tieren ein extremer Nesthocker. Es gibt kein Tier, dessen Junge 15-20 Jahre brauchen, um selbständig zu werden.

Der Raum der Geborgenheit in der Familie ist über einen so langen Zeitraum notwendig, damit sich der Mensch gesund und stabil entwickeln kann. In dieser Zeit müssen grundlegende Bedürfnisse in hohem Maß erfüllt werden.

  1. Bedürfnis nach Sicherheit
  2. Bedürfnis nach Zugehörigkeit
  3. Bedürfnis nach Liebeszuwendung
  4. Bedürfnis nach Selbstachtung

In dem Maß, indem die Grundbedürfnisse in jungen Jahren erfüllt werden, machen sie den Menschen fähig, Entbehrungen und Leid zu ertragen. Zur Entwicklung dieser Fähigkeit brauchen Kinder auch Grenzen und die Möglichkeit, sich zu bewähren.

Kinder haben von Anfang an ein großes Bedürfnis nach regelmäßigen Abläufen. Das vermittelt ihnen Sicherheit. Sie haben auch ein Bedürfnis nach Ordnung und nach Grenzen. Sie haben ein natürliches Bedürfnis Grenzen auszuloten. Finden sie keine vor, fühlen sie sich schnell ungeliebt und nicht beachtet. Kinder brauchen Grenzen, um sich selber abgrenzen zu können und um zu erfahren, wie weit sie gehen können, ohne dem anderen weh zu tun. Wenn diese Grenzen nicht da sind, werden sie ein Leben lang danach suchen. Wer selber erlebt hat, dass andere die Grenzen überschritten haben, wird selber dazu tendieren, die Grenzen anderer zu missachten.

In den letzten Jahren wurde der Ausdruck „Helikoptereltern“ geprägt. Das sind Eltern, die ihre Kinder besonders gut und sogar bis ins Erwachsenenalter behüten wollen. Manche Fachleute sind der Meinung, dieses Verhalten habe nichts mit besonderer Liebe zum Kind zu tun sondern mit dem Egoismus der Eltern. Es zeigt, dass die Eltern nicht loslassen können und meinen, ihr Kind vor allen negativen Dingen bewahren zu müssen. Überbehütung kann schlimmere Auswirkungen als Verwahrlosung haben. Es führt zu einer Unfähigkeit, dem Leben gewachsen zu sein.

Was geben wir unseren Kindern mit?

Die wichtigsten Dinge im Leben lernt ein Kind durch Nachahmung, durch eigenes Ausprobieren. Für ein kleines Kind haben die Eltern alle göttlichen Eigenschaften. Papa und Mama haben in diesem Alter alle Antworten auf die Fragen, die es stellt. Was sie an ihren Eltern wahrnehmen, wird auch ihr Gottesbild beeinflussen.

Dann kommt eine Phase, in der Eltern belohnen und bestrafen und möglicherweise Liebe als Instrument der Erziehung benutzen. Liebesentzug als Erziehungsmittel kann ein Kind verwirren und verunsichern. Es bekommt den Eindruck, Liebe muss ich mir durch Wohlverhalten erarbeiten. z. B. ein kleines Mädchen erlebt seinen Vater total launisch. Einmal umarmt er es, das nächste Mal schlägt er es. Verunsicherte Kinder tun sich später schwer, vertrauen zu können. Das mangelnde Vertrauen gilt ebenso Gott gegenüber. Ein Gott, der uns bedingungslos liebt, unabhängig von unserem Verhalten ist für diese Menschen besonders schwer zu verstehen, weil sie es von der wichtigsten Vertrauensperson anders erlebten. Kinder werden sich stark an der Spiritualität orientieren, die von ihren Eltern vorgelebt wird. Sie hinterfragen sehr genau, wie deren Reden und Handeln übereinstimmen.

Gott hat Vater und Mutter eingesetzt, um zu vermitteln, was seine Liebe bedeutet. Kinder lernen vorwiegend von den Eltern, Gott zu vertrauen, wenn sie zu Hause erleben, dass die Eltern ihren Alltag Gott anvertrauen und im Dialog mit ihrem Schöpfer stehen. Kinder, die gemeinsame Gebete als Familienritual erfahren, bekommen einen großen Schatz auf ihrem Lebensweg mit. Als Eltern können wir unsere Kinder lebenslang mit diesem Schatz begleiten und ihr Leben Gott anvertrauen.

 

Helmut Malzner, Diplom Lebens- und Sozialberater, Supervisor, www.coachingteam.info

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Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift Ehe und Familien Bausteine Nr. 99. Sie können diese Zeitschrift kostenlos als pdf-Datei bekommen, wenn Sie sich beim Newsletter anmelden.

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