Geben und Nehmen

Wenn Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zusammen leben oder arbeiten, erfordert das Kompromissbereitschaft und Flexibilität von den Beteiligten. Bereits kleine Anlässe können manchmal ganz schön Ärger schaffen. Dieses Prinzip gilt ganz besonders für die Paarbeziehung. Dort stehen wir jeden Tag vor der Entscheidung: Toleranz üben oder Grenzen setzen. Wie können wir herausfinden, wann welches Verhalten sinnvoll und zielführend ist.

Toleranz bedeutet für viele, nachzugeben, auf ihr Recht zu verzichten. Das wird häufig von anderen eingefordert, ohne selber dazu bereit zu sein. Im Hintergrund taucht vielleicht die Frage auf, welche Konsequenz hat meine Toleranz? Wird dadurch meine Autorität untergraben und verliere ich Einfluss und Macht? Toleranz ist eine bewusste Entscheidung, die eigenen Grenzen aufzuweichen. Tolerant kann ich nur dann sein, wenn ich mich stark fühle und durch diese Entscheidung keine Bedrohung meines Selbstwertes empfinde. Die Kompromisse, welche man dabei eingeht, werden einem höheren Ziel und höheren Bedürfnissen unterstellt, einer guten Beziehung. Der daraus erzielte Gewinn ist somit größer in Bezug auf das „Wir“ und schafft ein befriedigendes Miteinander.

Die wichtigen Bedürfnisse erkennen

Beim Zusammenleben als Paar und in der Familie gibt uns der Alltag immer wieder Anlässe über unsere Bedürfnisse nachzudenken. Wenn ich ins Badezimmer komme und ich sehe, dass das Waschbecken schmutzig und der Spiegel angekleckert ist, nachdem die Kinder in der Früh das Haus verließen, kann das großen Frust auslösen. Mein Bedürfnis nach Sauberkeit wurde nicht erfüllt und von den Familienmitgliedern missachtet. Der Ärger darüber, dass die Täter nicht greifbar sind, wird die Situation eventuell noch verschärfen. Möglicherweise entlädt sich der morgendliche Frust bei einer anderen Begebenheit und dann kann es durchwegs passieren, dass die falsche Person die aufgestauten Gefühle abbekommt. Der Frust wird auf beiden Seiten noch größer und das Problem dadurch nicht gelöst.

Tipps für einen guten Umgang mit Bedürfnissen:

  • Formulieren Sie Ihre Bedürfnisse, damit andere die Möglichkeit haben, darauf Rücksicht zu nehmen. Bedürfnisse sind immer positiv und dürfen kein „nicht“ beinhalten. Wenn Sie das nächste Mal sagen wollen: „Ich will nicht, dass Ihr das Waschbecken so schmutzig hinterlässt“ sagen Sie doch: „Mir ist wichtig, dass das Waschbecken sauber ist, wenn ihr aus dem Badezimmer geht.“ Oder: „Mit ist wichtig, dass ihr die Schuhe auszieht, bevor ihr ins Wohnzimmer geht.“
  • Die Bedürfnisse aller Beteiligten sind gleichwichtig. Der Umgang damit erfordert Respekt und Wertschätzung. Wenn der Eindruck entsteht, ich werde gehört und meine Bedürfnisse ernst genommen, lässt sich leichter über praktische Vorgangsweisen verhandeln.
  • Es geht hier nicht um das Rechthaben sondern um größtmögliche Zielerreichung. Häufig sind die verschiedenen Bedürfnisse gegensätzlich ausgerichtet. Die Ordnungsliebe des einen lässt sich mit der Freiheitsliebe des anderen nicht immer verbinden. In diesem Fall ist die Herausforderung: Was sind die positive Aspekte der Bedürfnisse des anderen und was kann ich vom anderen dabei lernen. Eine wertschätzende Diskussion darüber bringt meist völlig neue Aspekte ins Spiel.

Wenn Sie mit dem Partner ein Problem haben, so machen Sie nicht den Partner zum Feind, sondern das Problem. Es geht darum, das Problem aus dem Weg zu räumen und nicht den Partner und dessen Bedürfnisse.

 

Geben und Nehmen – Beides ist wichtig

Beziehungen haben dann ein gutes Wachstumspotential, wenn Geben und Nehmen in einem guten Gleichgewicht sind. Schaffen Sie in der Partnerschaft bewusst Gelegenheiten zum gegenseitigen Geben und Nehmen. Dann wird Ihre Beziehung wachsen und aufblühen.

Dabei soll das gegenseitige Geben wie die Einzahlung in eine Spendenbox betrachtet werden, in die man nicht hineinsieht, damit es nicht zum Aufrechnungssystem verkommt. Es wird möglicherweise auch Phasen des längeren Nehmens geben, in denen einer durch Krankheit mehr Energie beansprucht oder der Andere im Job stark gefordert wird.

Zufriedene Paare gehen Konflikte und Schwierigkeiten lösungsorientiert an. Sie betrachten Konflikte als Chance, die Beziehung positiv zu verändern. Wenn Kritik und negative Äußerungen aufkommen, werden diese nicht mit gleicher Münze heimgezahlt, sondern daran gearbeitet, die dahinter liegenden gefährdeten Bedürfnisse zu erforschen und Lösungsmöglichkeiten zu finden. Das klingt zwar nach viel Arbeit, doch sie bringt großen Gewinn für die Beziehung.

Quelle: Einfach glücklich, Das Geheimnis einer erfüllten Partnerschaft und starken Beziehung, Autoren: Bodemann und Fux, ISBN: 978 3 86851 152 9

Brigitte Malzner, Diplom Lebens- und Sozialberaterin, www.coachingteam.info

Der vollständige Artikel erschien in der Zeitschrift Ehe und Familien Bausteine Nr. 103. Sie können diese Zeitschrift kostenlos als pdf-Datei bekommen, wenn Sie sich beim Newsletter anmelden.

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